Es ist ein Prozess – und kein leichter. Wenn die Pläne aufgehen, sieht es nach dem schönsten Nebeneffekt aus, den ein Fußballplatz haben kann: Dann sorgt das geplante Sportzentrum von SV Ahlerstedt/Ottendorf für eine neue Heimat für Tierarten.
Der Fußballverein Spielvereinigung Ahlerstedt/Ottendorf, kurz A/O, hat 30 Jugend- und 14 Herren- und Damen-Mannschaften. 1000 aktive Mitglieder werden von 100 Ehrenamtlichen betreut. Das Problem für den regen Verein: In der Dorfmitte ist am Schützenplatz durch Neubaugebiete und innerörtliche Entwicklung eine Spielfläche weggefallen. Ein weiterer Trainingsplatz ist nach Anwohnerprotesten nur eingeschränkt nutzbar. Deshalb soll im Bereich der Sportanlage im Auetal erweitert werden – um einen Kunstrasenplatz. Dieser wird aufgrund seines Aufbaus ähnlich wie ein Gebäude behandelt, wie Fachleute in der jüngsten Sitzung des zuständigen Ausschusses der Gemeinde Ahlerstedt erläuterten. Die Bedenken bei Politik und Genehmigungsbehörde gehen vor allem in Richtung Naturschutz. Da hoffen alle Verantwortlichen, nun eine Lösung gefunden zu haben.
Offensichtliches Problem: Der Kunstrasenplatz greift in das Gebiet „Auetal mit kleinen Nebenbächen“ ein. Damit ist das naturschutzfachliche Ziel beschrieben. Die Renaturierung eines angrenzenden Bachlaufs, die Versetzung der bestehenden Hecke und weitere Ausgleichsflächen über einen Ökopool sollen den Eingriff ausgleichen. Die Entscheidung ob das reicht, liegt beim Landkreis.
Kahlbuschgraben soll wieder gen Aue mäandern
Landschaftsarchitekt Klaus Ebler hat im Auftrag der Gemeinde Ahlerstedt einen Plan erstellt, wie der jetzt als reiner Entwässerungsgraben genutzte Kahlbuschgraben zu einem neuen Zuhause für Rohrdommel, Kammmolch und Mosaikjungfer werden könnte. Optisch sorgte der Entwurf schon einmal für glänzende Augen in der gut besuchten Sitzung. Und nicht nur Anhänger des Fußballvereins waren gekommen, wie sich an der Frage eines Einwohners ablesen ließ. Er fragte, wie es mit Mikroplastik bei der Entwässerung des Kunstrasenplatzes aussehe. Thorsten Meyer aus der A/O-Planungsgruppe antwortete: „Wir haben uns auch Gedanken gemacht, so dass kein Abrieb in den Graben geht.“ Für das Einstreugranulat werde mit Sand, Torf oder Kork geplant.
Es fehlen Umkleiden und Sanitäranlagen
Dass es ein Kunstrasenplatz werden soll, liegt vor allem an der höheren Belastbarkeit. Bei der großen Zahl an Trainingseinheiten leiden Naturrasenplätze besonders in den nässeren Wintermonaten. Die Naturrasenflächen auf der Sportanlage im Auetal sollen jedoch Bestand haben. Vor allem der Platz, der am dichtesten zur Sporthalle liegt, ist als Hauptplatz für die Punkt- und Pokalspiele gesetzt. Eine kleine Betonstufe dient hier als Tribünenersatz. Auch für die sportlichen Aushängeschilder des Fußballvereins in der Damen- und Herren-Oberliga soll sich etwas bewegen. Bisher müssen sich die Gäste-Teams – Halbprofis aus Hannover, Braunschweig und Wolfsburg – mit Ersatzspielern und Betreuerstamm in den Schulumkleiden umziehen. Diese sind auf die Größe einer so großen Mannschaft nicht ausgelegt. Zudem sind an den Wochenenden auch andere Sportler in der Halle. Damit fehlen Ausweichmöglichkeiten und Sanitäranlagen.
Co-Finanzierung über die Dorfentwicklung
Vor diesem Hintergrund hat A/O die Pläne eines kleinen Sportzentrums geschmiedet. Sanitäranlagen, Umkleiden und eine Erweiterung der Tribüne gehören dazu. Zusammen mit dem Kunstrasenplatz entstehen dadurch geschätzte Kosten von 2,4 Millionen Euro. Eine Förderung soll bei der Realisierung helfen. Bereits 2022 wurden je 500.000 Euro für Kunstrasenplatz und Sanitäranlagen als Dorfentwicklungsvorhaben beantragt. Eine Entscheidung wird im Frühjahr erwartet.
Von der Politik in der Gemeinde gibt es Rückenwind. Angesichts des Stellenwerts des Vereins in Ahlerstedt wurde bereits durch die Freie Wählergemeinschaft, die die absolute Mehrheit im Rat hat, Unterstützung zugesagt. Nach der Vorstellung der Maßnahmen für den Naturschutz konnten auch Kritiker überzeugt werden: Hartmut Meyer sprach für die CDU und bezeichnete das Konzept „als guten Kompromiss“. Matthias Mittlmejer erklärte für die SPD: „Hier ist ein guter Kompromiss zwischen den Belangen des aktiven Sports und dem Naturschutz gefunden worden.“
Quelle: Stader Tageblatt