AHLERSTEDT. Theresa Schröder reist mit der Faustball-Nationalmannschaft um die Welt und gewinnt einen Titel nach dem nächsten. Und doch bleibt Zeit für den Fußball. In dieser Saison läuft die 24-Jährige für den Oberligisten SV Ahlerstedt/Ottendorf auf.
Es ist das erste Training mit der ganzen Mannschaft nach der Corona-Pause. Trainer Maik Ratje verteilt die Spielerinnen auf zwei Gruppen. Die eine Gruppe soll das Spiel nach einem kurzen Abstoß aufbauen, sich befreien, mit dem Ball zwei Tore an der Mittellinie passieren; die andere Gruppe, die mit den blauen Leibchen, soll erstere daran hindern. Ratje sagt, es gehe darum, sich wieder an den Ball, an die Position zu gewöhnen. Aber nicht nur das. Denn Ratje verfolgt einen Plan, von dem eine Spielerin noch nichts weiß.
A/O-Zugang Theresa Schröder (rechts), hier im Training mit Romina Riwny, gilt im Fußball als variabel einsetzbar. Fotos: Scholz
Der A/O-Trainer beordert Neuzugang Theresa Schröder im Training in die Innenverteidigung. Eine 1,81 Meter große Fußballerin, die bei ihren vorherigen Stationen auf der Sechs und als Mittelstürmerin spielte. Ratje sieht in ihr eine „Innenverteidigerin mit Knipserqualitäten“. Dafür spreche ihre Statur, die Ruhe, die Übersicht, die Kopfballstärke und die Wucht, mit der sie von hinten kommen könne. „Aber wir sind gerade erst am Testen.“
Schröder ist offen für alles
Theresa Schröder selber hat noch kein Gespräch mit dem Trainer über ihre künftige Aufgabe geführt. Sie sagt, dass sie sich eigentlich keiner Position fest zuordne, dass sie sich aber eher auf der Sechs sehe wegen ihres Offensivdrangs. Sie sei aber offen für alles, sagt Schröder. Und somit auch für die Innenverteidigung. „Ich mag es, das Feld vor mir zu haben.“
Beim Vorbereitungsstart auf dem Fußballplatz am Auetal ist Schröder eine von 17 Spielerinnen. Trainer Ratje ist mit seinem Kader sehr zufrieden. „Wir haben sehr gute Neuzugänge“, sagt er, darunter Talente, zurückgekehrte Routiniers – und Theresa Schröder. Schröder spielte bereits in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt, zuletzt aber nur noch mit dem TV Jahn Schneverdingen in der Kreisliga. Sieben gegen sieben aufgrund des Spielermangels. „Das war witzlos“, sagt sie. Schröder wollte wieder höher spielen.
Theresa Schröder, 2015 beim Faustballlehrgang der Frauen-Nationalmannschaft in Düdenbüttel. Foto: Scholz
Zusage nach einigen Probetrainings
A/O-Fußballerin Kimberly Kaaden hatte Schröder bei einem Hallenturnier im Januar gefragt, ob sie zum Oberligisten wechseln wolle; die beiden spielten einst zusammen in Schneverdingen. Nach einigen Probetrainings sagte sie bei A/O für die neue Saison zu. Aber im Hinterkopf, da war immer noch die lange Fahrzeit und drohende terminliche Kollisionen mit dem Faustball.
Schröder, geboren in Schneverdingen, wuchs in einer Familie auf, in der der Vater Fußball spielte und die Mutter Faustball. „Meine Familie mütterlicherseits hat die Faustball-Abteilung in Schneverdingen aufgezogen“, erzählt Schröder. Der TV Jahn gehört seit Jahrzehnten zu den besten Mannschaften überhaupt. Deutsche Meisterschaften, Europa- und Weltpokalsiege stehen in der Erfolgsliste des Vereins aus dem Heidekreis.
„Faustball war immer schon meine Nummer 1“
Theresa Schröder, dreifache Faustball-Weltmeisterin und zweifache Europameisterin mit ihrer Medaillensammlung.
Theresa Schröder selber fing mit fünf Jahren an, Faustball dort zu spielen, noch bevor sie zum Fußball kam. „Faustball war immer schon meine Nummer 1“, sagt sie. Schröder spielte mit 14 in der U 18-Nationalmannschaft, spielte mit 18 in der A-Nationalmannschaft. Und gewann einen Titel nach dem nächsten. Schröder tut sich schwer damit, all die Erfolge aufzuzählen und zu datieren. Die drei WM- und zwei EM-Titel stechen aus der Sammlung heraus.
Den bisherigen Höhepunkt erlebte Schröder bei der Heim-WM 2014. „Eigentlich ist Faustball nicht so populär“, sagt sie, aber bei dem Turnier sei die deutsche Mannschaft von Tausenden Zuschauern in Dresden zum Titel getragen worden. „So was habe ich noch nie erlebt“, sagt Schröder, und auch spielerisch habe die Mannschaft einen Kraftakt hingelegt.
Gewinnen gehört zur Routine
Entsprechend betitelten die A/O-Frauen auf „Instagram“ den Wechsel ins Auetal: „Weltmeisterin nimmt Weltreise auf sich“. Ein wenig unangenehm sei ihr das gewesen, sagt sie. Auch im Job werde sie schon mal als Weltmeisterin angepriesen. Immerhin: Kollegen von ihr schauten zu, als sie in Schneverdingen um die Deutsche Meisterschaft spielte, erzählt Schröder, die im Controlling eines Dienstleistungsunternehmens arbeitet.
Auch mit dem Verein gehört das Gewinnen für sie zur Routine. Was Schröder jedoch wurmt, ist, dass es bei eben dieser Deutschen Meisterschaft nur zum zweiten Platz gereicht hat, ausgerechnet in Schneverdingen. Und auch der Sieg im Europapokal und somit die Teilnahme am Weltpokal ist ihr bisher verwehrt geblieben. „Das ist weiterhin mein Ziel.“
„Wir haben sehr gute Neuzugänge.“ A/O-Trainer Maik Ratje
Der Fußball lief immer nebenher. Schröder fing bei den Jungs an, weil es keine Mädchenmannschaft in Schneverdingen gab. Im Studium spielte sie anderthalb Jahre für den Magdeburger FFC II in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt und stand kurzzeitig auch im Kader der ersten Mannschaft, dritte Liga. „Die Zeit hat mir echt gut gefallen“, sagt Schröder, die in Magdeburg auf ein ambitioniertes Umfeld traf und den Ehrgeiz hatte, hochklassig zu spielen.
Nach dem Studium kehrte Schröder zurück nach Schneverdingen. Fand dort einen Job, kickte allerdings mit der Frauenmannschaft nur auf dem Siebenerfeld. Kreisliga. Das ändert sich mit dem Wechsel zur Oberliga-Mannschaft der SV Ahlerstedt/Ottendorf. Aber was, wenn es terminliche Kollisionen gibt? „Das mache ich vom Gegner und dem Tabellenbild abhängig“, sagt sie. Und ohnehin dürfte es nur wenige Überschneidungen geben. Die Faustballsaison begann am vergangenen Wochenende mit einer verkleinerten Spielrunde.
Wann die Fußballsaison in der Oberliga beginnt, ist noch offen. Bis dahin wollen die A/O-Frauen zahlreiche Testspiele bestreiten. Los ging es am vergangenen Wochenende mit dem 6:1-Sieg gegen die B-Juniorinnen des Harburger TB, immerhin Bundesligist. „Nach über einem halben Jahr war es schön, mal wieder richtig auf dem Großfeld zu spielen“, sagt Schörder, „trotz ungewohnter Position.“ Schröder traf nach einer Ecke per Kopf und spielte durch – in der Innenverteidigung.